Keine Angst vor Innovationen.
Orientiert sich Ihr Unternehmen am Markt?
Auf die Frage, ob sich Ihr Unternehmen am Markt orientiert, werden Sie sicherlich mit „Ja“ antworten. Aber wenn Sie sich dann die Frage stellen, an welchem Markt, so stellt sich mindestens die Frage, ob es der Absatzmarkt, der Beschaffungsmarkt, der Finanzmarkt oder welcher Markt auch immer ist, an dem sich Ihr Unternehmen orientiert. Um an dieser Stelle gleich für Klarheit zu sorgen: Wenn Professor Meffert in den 1980er Jahren den Begriff der „marktorientierten Unternehmensführung“ prägte und damit die Marketing-Definition auf neue Füße stellt, so meinte er zu allererst den Absatzmarkt.
Marktorientiert?
Was bedeutet es eigentlich, „vom Markt aus geführt“ zu sein, denn führen heißt schließlich so viel wie „leiten“, „vorweg gehen“. Wer geht in Ihrem Unternehmen vorweg und reißt die anderen mit? Ist es das Marketing, das im meffertschen Sinne für eine marktorientierte Unternehmensführung steht, ist es das Controlling, die Finanzabteilung, die Entwicklung oder gar die Unternehmensleitung? Sollten nicht alle Funktionsbereiche marktorientiert sein? Was nützt es, wenn Teilbereiche eines Unternehmens sich der Marktorientierung verschrieben haben, aber von andern Teilbereichen geradezu ausgebremst werden. Und: Was bedeutet die Marktorientierung für die Innovationsfreudigkeit eines Unternehmens?
Innovationen?
Bei Wikipedia liest man: „Innovation heißt wörtlich „Neuerung“ oder „Erneuerung“. Das Wort ist vom lateinischen Verb innovare (erneuern) abgeleitet. In der Umgangssprache wird der Begriff im Sinne von neuen Ideen und Erfindungen und für deren wirtschaftliche Umsetzung verwendet. Im engeren Sinne resultieren Innovationen erst dann aus Ideen, wenn diese in neue Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren umgesetzt werden, die tatsächlich erfolgreiche Anwendung finden und den Markt durchdringen (Diffusion).“
Marktorientierte Innovationen!
Aha – erfolgreiche Anwendung finden und den Markt durchdringen – das macht also eine Innovation aus. Aber was erfolgreich Anwendung findet und den Markt durchdringt, ist doch dann auch marktorientiert, oder? Man könnte also schlussfolgern, wer glaubt, sich marktorientiert zu verhalten, der muss Innovationen gegenüber aufgeschlossen sein. Übrigens kann eine Innovation auch eine immaterielle, zum Beispiel eine Prozess-Innovation sein, sprich: Dinge neu und anders zu machen. Und so kann auch eine kostenorientierte Strategie durchaus innovativ sein. Nichtsdestotrotz konzentrieren wir uns im Folgenden auf Produkt-Innovationen, da der Beispiele viele sind, wie Unternehmen mitunter systematisch Chancen vergeben, indem die Angst vor Produkt-Innovationen aus den verschiedensten Gründen das schumpetersche Unternehmertum hemmt.
Angst vor Innovationen?
Beispiel 1: Die Angst der Entwicklungsabteilung.
Eine patentierte Erfindung würde den Kundenwunsch nachweislich auf den Kopf treffen. Der Kunde hätte deutlich geringere Verbrauchskosten und kaum Abfall bei höchster Qualität im Vergleich zu dem bereits auf dem Markt verbindlichen Produkt.
Als der Erfinder sein Konzept dem Entwicklungsleiter eines führenden Unternehmens vorstellen wollte, musste er sich jedoch zu allererst eine einstündige Vor-Verteidigungsrede des Entwicklungsleiters anhören. Was man in seinem Unternehmen bereits alles patentiert habe. Dass man in den Patentverfahren jedes noch so kleine Detail beachtet habe und, dass da keine Lücke mehr sein, in die ein anderes Patent hineinpasse. Wie lange man schon im Geschäft sei. Dass es unmöglich sei, dass jemand von außerhalb auf eine bessere Idee kommen könne. Und, und, und.
Hat da der Entwicklungschef etwa Angst, etwas übersehen zu haben? Wie würde wohl die Unternehmensleitung reagieren, wenn ein Externer mit einer besseren Idee daherkäme als die alteingesessene allwissende Mannschaft vermeintlicher Spezialisten? Welchen Effekt hätte die Erfindung auf Struktur und Prozess im Unternehmen?
Fazit: Die Erfindung wurde trotz aller Vorzüge von diesem Unternehmen nicht umgesetzt.
Beispiel 2: Die Angst der Vertriebsabteilung.
Die Leitung eines marktführenden Unternehmens stand vor der Entscheidung, welchem Projekt bei knappen Entwicklungskapazitäten der Vorrang gegeben werden sollte. Sollte man die Idee einer technologischen und funktionalen Innovation verfolgen? Oder sollte man die knappe Entwicklungskapazität in den lediglich optischen Relaunch eines fünfundzwanzig Jahre alten Produkts investieren. Sie ahnen es: Dem Relaunch wurde der Vorzug gegeben, weil der Vertriebschef sich nicht gegen den Willen eines Landesfürsten stellen wollte oder konnte. Im wahrsten Sinne des Wortes hat da der Schwanz mit dem Hund gewackelt.
Wurde hier etwa Marktorientierung gleichgesetzt mit, nach der Pfeife des größten Marktes zu tanzen. Standen hier Machtstrukturen im Widerspruch zur eigentlichen Marktorientierung? War die Angst vor dem Risiko größer als die Lust auf die Chance?
Fazit: Die Erfindung wurde deutlich verspätet umgesetzt. In der Zwischenzeit machten Wettbewerber mit vergleichbaren Konzepten den Markt.
Beispiel 3: Die Angst der Unternehmensleitung
Ein Unternehmen hat eine Innovation zur Marktreife gebracht. Die Innovation basierte auf einer Idee, die außerhalb des Unternehmens von einem Entwickler-Team kreiert wurde. Der Marketingleiter entwarf zur Markteinführung einen Kommunikationsplan, der sich auf die Innovation fokussierte. Doch dieser Kommunikationsplan fand nicht das Wohlwollen der Unternehmensleitung. Man verdiene doch das Geld mit anderen Produkten, nicht mit der Innovation, war vom Firmenchef zu hören. Der Marketingleiter solle doch das Kommunikationsbudget auf die langjährigen Erfolgsbringer des Unternehmens umschichten. Ob der Marketingleiter denn überzeugt sei, dass die Innovation erfolgreich werde.
Ging da etwa jemandem auf halber Strecke die Luft – sprich der Mut – aus? Wie fest war das Bekenntnis der Unternehmensleitung zu Marktorientierung und Innovation? War die Angst vor der Konsequenz des eigenen Handelns doch zu groß?
Fazit: Das Kommunikationsbudget wurde umgeschichtet. Die Kommunikation für die Innovation war kaum „hörbar“ im Markt, so dass die Innovation den erhofften Erfolg nicht erreichte.
Chancen nutzen statt Risiken vermeiden.
Wie hat es ein berühmter Fußballtrainer einst in einem Werbespot formuliert? „Ich glaube, dass die Lust auf´s Gewinnen größer ist als die Angst vorm Verlieren!“ Trifft dies auch für Ihr Unternehmen zu? Suchen Sie die Chance? Oder vermeiden Sie doch lieber das Risiko? Um auch hier mit einem anderen berühmten Fußball-Zitat zu kontern: „Nur Anfänger bumsen blind d´rauf los, und das geht meistens in die Hose!“ Will heißen, das Risiko bei Innovationen will kalkuliert sein. Kalkulieren heiß nicht Wissen, sondern nach bestem Wissen und Gewissen abschätzen, wie sich die relevanten Parameter in der Zukunft verändern werden. Zu allererst gilt es, den Nutzen einer Innovation abzuschätzen, die Relevanz für die Zielgruppen. Des Weiteren sollte man eine Idee gewinnen, welches Differenzierungspotenzial die Innovation im Vergleich zum Wettbewerb bietet. Wichtig ist dabei die Wahrnehmbarkeit des Differenzierungspotenzials durch die Zielgruppen und damit auch die Kommunizierbarkeit des Nutzens.
Wer dann noch eine Sensitivitäts- oder Break-Even-Analyse durchführt und für unterschiedliche Szenarien Eintrittswahrscheinlichkeiten abschätzt, der hat sein Risiko im Griff und kann sich ganz den Chancen widmen, die in einer Innovation stecken.
Die PS auf die Straße bringen.
Marktorientierung heißt zu allererst Nutzenorientierung. Ein Nutzen, der relevant für die Zielgruppen und differenzierend zur Konkurrenz ist. Wer diesen Nutzen mit Überzeugung und Begeisterung kommuniziert, der macht den Erfolg einer Innovation zur „self-fulfilling prophecy“ und muss keine Angst vor Innovationen haben.
Übrigens: Der Markt macht keine Innovationen. Die müssen Sie schon selber machen. Fragen Sie deshalb Ihren Markt nicht, welche Innovationen er von Ihnen haben will. Denn er wird Ihnen nur aus dem hier und jetzt eine Antwort geben können. Sie aber müssen Ihr Unternehmen zukunftsfähig machen. Das geht am besten mit Innovationen, von denen Ihr Markt heute noch nicht weiß, dass sie morgen unverzichtbar sein werden.
Gerne unterstützen wir Sie dabei, die PS auf die Straße zu bringen.
Denn: Prozessorientierung, Präzision und Umsetzungsorientierung sind unsere herausragenden Tugenden.
Bernd Müller