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Der Absatzmittler

Über die Beziehung zwischen Industrie und Handel

So einfach ist das mit der deutschen Sprache: Mit einem Gemüsemesser schneidet man Gemüse, mit einem Kochmesser schneidet man den Koch, oder?! Ist der Absatzmittler wirklich ein Mittler des Absatzes für die Industrie? Vermittelt der Absatzmittler zwischen Endkunden und Industrie?

Zu welcher Seite Sie sich auch immer zugehörig fühlen, ob Industrie oder Handel, seien Sie sich sicher, dass der Autor dieses Artikels weder für die eine noch für die andere Seite Partei ergreifen möchte. Die Motivation für diesen Artikel entspringt vielmehr der Überzeugung, dass ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Industrie und Handel zum Nutzen des gemeinsamen Endkunden nur von Vorteil für alle Beteiligten sein kann.

Vermittelt also der Absatzmittler zwischen Endkunden und Industrie? Oder versteht sich der Absatzmittler doch eher als Händler und handelt – meist für sich und auf eigene Rechnung, selten im System, dem Distributionssystem bestehend aus Industrie, Handel und Endkunde, und noch seltener mit System?! Wenn es nun aber kein System gibt, so können weder Handel noch Industrie in selbigem mit selbigem handeln.

Mit System im System handeln

Der Ruf nach einem System impliziert gleichzeitig die Frage nach dem System-Verantwortlichen. Da die Industrie die zu vermarktenden Produkte oder Dienstleistungen entwickelt hat, sei ihr auch die Verantwortung für die Gestaltung des Distributionssystems zugeschrieben. Denn schließlich sind die Produkte oder Dienstleistungen mit einer klaren Botschaft entwickelt worden. Und diese Botschaft richtet sich primär an den Endkunden, so dass eine der Hauptaufgaben des Distributionssystems die unverfälschte Übertragung eben jener Produkt-oder Markenbotschaft bis hin zum Endkunden ist.

Das dem häufig nicht so ist, sondern die Kommunikation über die Stufen des Distributionssystems hinweg eher dem Kinderspiel "Stille Post" gleicht, hat der Autor an anderer Stelle (siehe ARGOS IV/2011) bereits hinreichend beschrieben.

Wer aber auf Seiten der Industrie verstanden hat, dass der Umsatz seines Unternehmens nichts anderes ist als die Summe der Umsätze auf Ebene des einzelnen Händlers/Absatzmittlers, der wird sich mindestens Gedanken machen, wie die Zusammenarbeit mit den einzelnen Händlern im Dienste des Endkunden mit dem Ziel der gemeinsamen Umsatz-und Ertragsteigerung für Handel und Industrie verbessert werden kann.

Man könnte salopp sagen: Es lohnt sich, das Denken von hinten und unten zu beginnen! Von hinten heißt, vom Ende der Kommunikationskette her, also vom Endkunden her. Von unten heißt, von der kleinsten Umsatzeinheit her, also vom Händler her. Was so banal klingt, ist längst nicht Praxis in allen deutschen Unternehmen. Häufig dominiert der Push-Gedanke das Geschehen:"Die Händler sollen das so machen, basta!" oder "Der Vertrieb muss seinen Umsatz steigern!"

Aber warum sollten die Händler das machen, was die Industrie von Ihnen verlangt? Und wie sollte der Vertrieb mehr Umsatz machen, wenn der Händler nicht mitmacht, also nicht im oben genannten Sinne vermittelt sondern womöglich verhindert?

Nutzen heißt hier das Schlagwort. Welchen Nutzen hat der Händler, wenn er das System der Industrie umsetzt? Dies impliziert natürlich, dass ein gutes System der Industrie sowohl den Händlernutzen als auch den Endkundennutzen berücksichtigt. Während der Endkundennutzen maßgeblich aus dem Produkt oder der Dienstleistung selbst resultiert, erwächst der Händlernutzen aus der Gestaltung des Distributionssystems heraus. Mancher Händler wäre gut beraten, wenn er seine Industrie-Lieferanten nicht nur anhand von deren Produkt-Portfolio auswählen würde. Denn, was nützt das beste Produkt, wenn es sich nicht im Handel dreht? Daher sollte der Händler seine Lieferantenauswahl insbesondere anhand der Partnerschaftlichkeit und Abverkaufsorientierung von deren Distributionssystem auswählen.

Plan = Ziel + Weg

Partnerschaftlich handelt auf Seiten der Industrie, wer mit seinen Handelspartnern den Plan für die Folgeperiode gemeinsam erstellt. Planen heißt jedoch deutlich mehr, als lediglich ein gemeinsames Umsatz-oder Ertrags-Ziel zu formulieren. Wer richtig plant, entwickelt auch eine klare Vorstellung davon, wie dieses Ziel (gemeinsam) erreicht werden soll, einen Maßnahmenplan also. Es gilt die alte Bergführer-Weisheit:

„Sein Ziel erreicht,
wer den besten Weg zum Ziel kennt
und die “Seilschaft” bestmöglich ausrüstet,
schult und führt!”

Und zur „Ausrüstung“ kann in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Industrie und Handel, alias Seilschaft, eine ganze Menge gehören. Exemplarisch seien an dieser Stelle die folgenden „Ausrüstungsgegenstände“ erwähnt:

Listung eines Mindest- oder Kernsortiments, hervorgehobene Präsentation der Produkte in Ladengeschäft, im Schaufenster und im Internet, Aktionsplatzierungen, Regalkommunikation, Deco-Pakete, bevorzugte Neuheiten-Belieferung, Verkaufstraining, Vorführungen und Vorführ-Produkte, Promotions, Events, Verlinkung der Homepages, hervorgehobene Erwähnung im Händler- bzw. Lieferantenverzeichnis, Partnermeetings, Hausmessen, Laufende Sortimentspflege, regelmäßige Umsatzanalyse, gemeinsame Warenwirtschaft, B2B-Bestellabwicklungssysteme, …

Doch eine gute und vielfältige Ausrüstung ist nicht allein der Schlüssel zum Erfolg. Die Ausrüstung richtig einzusetzen ist die Kunst. Richtig bedeutet hier, dass die Maßnahmen auf die gemeinsame Zielgruppe, den Endkunden, ausgerichtet sein müssen. Richtig bedeutet auch, dass die Maßnahmen in der richtigen Reihenfolge zur richtigen Zeit umgesetzt werden. Das ist der Ruf nach einem systematischen Maßnahmenplan.

Wenn also Industrie und Handel partnerschaftlich miteinander umgehen, so entwickeln sie auf Ebene des einzelnen Händlers einen gemeinsamen systematischen Maßnahmenplan zur Erreichung des gemeinsam definierten Ziels.

Wenn Industrie und Handel darüber hinaus systematisch vorgehen, überprüfen sie in regelmäßigen Abständen die Wirkung ihrer Maßnahmen und den Zielerreichungsgrad ihres Maßnahmenplans. Dass bei einer hinreichenden Abweichung vom Zielkorridor eine gemeinsame Anpassung des Maßnahmenplans erfolgen sollte, versteht sich von selbst.

Wer auf Seiten der Industrie verstanden hat, dass der Umsatz seines Unternehmens nichts anderes ist als die Summe der Umsätze auf Ebene des einzelnen Händlers, der sollte sich Gedanken machen, wie er sein Geschäft auf der Ebene jedes einzelnen Händlers steuert.

Um eine solche Vorgehensweise in Industrieunternehmen planmäßig und standardisiert umzusetzen, hat der Autor ein System entwickelt, das dem Außendienstmitarbeiter gemeinsam mit dem Händler bzw. Filialleiter des Handels die gemeinsame Steuerung des gemeinsamen Geschäftes ermöglicht. Zusätzlich fungiert dieses Instrument als Steuerungstool der Vertriebsleitung über alle Außendienstmitarbeiter.