Begeisterte Kunden sind ...
Wie Sie Empfehler systematisch gewinnen und für sich nutzen.

Höher, schneller, weiter oder einfach besser sein als die Mitbewerber, dies gilt vor allem für die Vermarktungswege von Produkten. Alte Konzepte sind abgenutzt und erzielen keine Wirkung mehr bei Absatzmittlern und Endkunden. Neue Ideen sind rar oder werden nur unzureichend umgesetzt und lassen deshalb den erwarteten Erfolg vermissen. Erfolgreiche Innovationen in der Vermarktung sucht man meist vergebens. Dabei liegt das Gute wie so oft, auch in diesem Fall so nah.
Die Anforderungen an Vertrieb und Marketing sind hoch
Viel zu häufig wird das Produkt in den Vordergrund der Profilierungspolitik gestellt. Da ist die Rede von „USP“ (Unique Selling Proposition) und uneinholbaren Wettbewerbsvorteilen und dennoch bleibt der Erfolg aus. Schon oft genug sind technologische Innovationen auf der Strecke geblieben, ließen den erwarteten Markterfolg vermissen und haben sich am Ende als Rohrkrepierer herausgestellt.
Die Schuldigen sind meist schnell gefunden. Vertrieb und Marketing haben ihren Job nicht gemacht, rumort es auf den Gängen. Die Konkurrenz war mal wieder schneller. Rufe nach mehr Werbung und deutlichen Vertriebsanstrengungen werden laut. Aber die Budgets sind schon aufgebraucht, und wer wirft einem Rohrkrepierer schon weiteres Geld hinterher? Die viel zitierte Katze beißt sich also in den Schwanz. Die Kritik wird lauter, die Meetings länger, doch der Erfolg lässt weiter auf sich warten.
Aber war es die fehlende Geschwindigkeit der Marktbearbeitung durch die Verantwortlichen in Vertrieb und Marketing? Oder die auf Sparflamme gefahrene Werbung, die die potenziellen Kunden nicht oder nicht gut genug erreichen und überzeugen konnte, das Produkt zu kaufen? Weder noch!
Time to Market ist nicht alles
Immer wieder hört man, die Schnellen fressen die Langsamen! Time to Market wird als DER Erfolgsfaktor heraufbeschworen. Der Markteinführungszeitpunkt dominiert den Projektplan und die Projektmeetings: Können wir den Termin (noch) halten? Doch was ist, wenn der Schnelle in die falsche Richtung läuft? Dann steigen die Chancen des Langsamen, das Ziel vor dem Schnellen zu erreichen, werden Sie sagen.
Richtig, denn viele Markteinführungen und Marktdurchdringungen scheitern, weil dem Markteinführungszeitpunkt und der Geschwindigkeit der Marktbearbeitung der Vorrang vor den Inhalten der Kommunikation und der präzisen Abgrenzung der Zielgruppen eingeräumt wird. Fehler fallen in der Hektik nicht auf, werden ignoriert und weiter mitgeschleppt. Eine planmäßige sukzessive Optimierung durch Anpassung an Gelerntes unterbleibt und wird zum Opfer der konsequenten Umsetzung des einmal eingeschlagenen Weges. Die Botschaft, ex ante von den Marketing-Fachleuten formuliert, wird unreflektiert penetriert.
Vielleicht ist die Kernbotschaft aus Kundensicht aber doch eine andere als die in der Kommunikations-strategie festgelegte. Außerdem sind viele Nutzendimensionen höchst individuell und damit nicht abstrakt kommunizierbar.
Werbung ist out
Jeder kennt ihn, den Spruch, dass 50% der Werbeausgaben zum Fenster hinausgeworfen werden, dass aber keiner weiß, welche 50%. Deshalb einfach weiter Werbung zu betreiben, da man ja nicht weiß, welche 50% dem Rotstift zum Opfer fallen könnten, ist ein fataler Irrweg. Denn Webung ist abstrakt, nicht individuell, sie ist unpersönlich und indirekt. Sie trifft nie richtig, die Streuverluste sind hoch. Werbung ist teuer und die Wirkung mindestens schwer zu messen. Ihre Glaubwürdigkeit ist zweifelhaft, oder glauben Sie an die schöne heile Welt, die uns von den Finanzdienstleistern allabendlich ins Wohnzimmer getragen wird?
Glaubwürdigkeit ist sicherlich einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für erfolgreiche Kommunikation. Aber ist der Autoverkäufer im Autohaus glaubwürdiger als die Werbung in der Pause des Fußballspiels? Was sind seine Motive? Was will er, dass wir glauben, denken, tun? Aha, also ist auch persönliche Kommunikation nicht per se das Allheilmittel. Zwar ist sie direkt, vielleicht auch individuell, aber ist sie auch glaubwürdig? Ist sie authentisch?
Der Freund schwärmt von seinem neuen Auto
Klar, neue Besen kehren gut. Und so ist es nur zu verständlich, wenn der Freund von seinem neuen Auto schwärmt als gäbe es keine bessere Art der Fortbewegung. Insofern sind seine Aussagen im ersten Moment sicherlich mit Vorsicht zu genießen. Wenn seine Begeisterung aber in der Einladung zu einer Probefahrt mündet, können wir uns selbst vom Wahrheitsgehalt überzeugen. Objektive Werte wie PS und Verbrauch interessieren da weniger. Aber ist das neue Bedienkonzept wirklich so kinderleicht; stimmt es, dass man kaum merkt, wie die Automatik schaltet?
Der Freund hat uns also dazu bewegt, die erste und auch wichtigste Barriere zu überspringen: Wir sind seiner Einladung zur Probefahrt gefolgt und können nun selbst „erfahren“, wie es um seine Aussagen und die der Werbung bestellt ist. Hätte der Autoverkäufer das auch geschafft? Wahrscheinlich hätte er erst gar keine Gelegenheit bekommen, uns zu überzeugen, denn wir wären vielleicht nicht einmal über die Schwelle des Autohauses gekommen. Und die Werbung hätte es schon gar nicht geschafft, dass wir uns bequemen, in das so ungewohnte Fabrikat zu steigen. Aber der Einladung des Freundes folgen wir bereitwillig.
Warum wohl? Er ist authentisch, ihm trauen wir über den Weg, denn er will uns ja nichts nehmen, schon gar nicht unser Geld. Ganz im Gegenteil, er will uns etwas geben, er will uns an seiner Begeisterung, seiner Überzeugung, seiner Erfahrung Teil haben lassen. Und das auch noch umsonst, aber bestimmt nicht vergebens. Denn er schafft mit Leichtigkeit das, wozu andere (teure) Kopfstände machen müssten oder es überhaupt nicht schaffen würden. Er lässt uns die psychologisch wichtige Barriere einfach überspringen und bringt uns direkt in Kontakt mit dem Produkt. Und so können wir probieren, denn probieren geht über studieren, oder wie Konfuzius sagt: Lass es mich tun, und ich verstehe!
Wir haben verstanden
Wir haben also die Botschaft des Freundes verstanden. Verstehen aber konnten wir sie nur, weil wir sie (die Botschaft) durch ihn (unseren Freund) an uns heran ließen und nicht mit der Fernbedienung umschalteten oder den sprachgewandten Verkäufer mit fadenscheinigen Argumenten auf ein nächstes Mal vertrösteten. Verstanden haben wir auch, weil wir es getan, will heißen, die Probefahrt gemacht haben, weil wir selber erlebt haben, die Erfahrung gemacht haben, was Worte nicht leisten können. So funktioniert „Empfehlung“.
Ein Empfehler überzeugt oder begeistert einen oder mehrere potenzielle Interessenten, so dass diese anschließend vom eigenen Vertrieb oder dem der Absatzmittler zum Abschluss überführt werden können.
Ja, werden Sie entgegnen, das war ja Zufall, dass der Freund gerade uns für eine Probefahrt auserwählt hat. Vielleicht wollen wir gar kein Auto kaufen, vielleicht gehören wir gar nicht zur Zielgruppe und wollen statt einer Limousine doch lieber den Van. Richtig: Das war Zufall! Und der Zufall trifft nun mal nur zufällig ins Schwarze, meist jedoch gehörig daneben.
Empfehler systematisch gewinnen
Wenn Vertrieb und Marketing ihre Aufgabe richtig verstehen, versuchen sie, den Zufall bestmöglich auszuschalten. Das ist der Ruf nach einem systematischen Ansatz. Wie gewinnt man also systematisch Empfehler und wie nutzt man diese Empfehler optimal für seine Vertriebs- und Marketingzwecke?
Am wichtigsten ist, wie so häufig, die richtige Zieldefinition. Nicht die Steigerung von Absatz, Umsatz oder Ertrag ist das Vertriebs- und Marketingziel des Empfehlungsmarketing, dies ist nur der übergeordnete Zweck. Vielmehr ist die Begeisterung und Überzeugung eines potenziellen Interessenten durch den Empfehler das Ziel.
Also macht man sich auf die Suche nach möglichen Empfehlern. Basis ist ein stets gepflegtes Kundenwissen, ob in einer Excel-Liste oder in einem CRM-System. Wer ist also bereits Besitzer oder Nutzer Ihres Produktes? Welche Voraussetzungen sollte er mitbringen, um glaubhaft weiterempfehlen zu können? Natürlich sollte er zufrieden mit dem Produkt sein und die Nutzenpotenziale des Produktes nachweisbar realisieren. Er sollte darüber hinaus Spaß daran haben, anderen von seinen positiven Erfahrungen mit dem Produkt zu berichten und daher nicht unbedingt auf den Mund gefallen sein.
Jetzt muss man ihn nur noch davon überzeugen, dass er der Richtige ist. Das geht natürlich mit dem Appell an seinen Besitzerstolz, aber auch andere kleine Anreize können hilfreich sein. Dabei sollte man jedoch nicht übertreiben, denn er ist ja Empfehler und kein Verkäufer, der seine Provision maximiert. Aber er muss schon verstehen, was er davon hat, wenn er Ihr Produkt weiterempfiehlt.
Übrigens: Man kann Empfehler auch systematisch von Null an aufbauen! Oder wer hat nicht schon einmal davon geträumt, genau den einen Kunden gewinnen und als Referenz nutzen zu wollen? Win-win, oder gibst Du mir, gebe ich Dir, heißt das Zauberwort.
Empfehler systematisch nutzen
Ist der Empfehler erst gewonnen, kommt es darauf an, ihm das Publikum für seine Empfehlung zu beschaffen. Das müssen Sie schon selbst in die Hand nehmen, denn Sie wollen ja, dass die Empfehlung beim Richtigen landet. Es versteht sich, dass auch hier eine gepflegte Datenbank mit potenziellen Interessenten mehr als hilfreich ist. Laden Sie gezielt selektierte Interessenten (räumlich, sachlich, zeitlich, potenzialorientiert, ...) im Namen des Empfehlers zum Empfehler ein. Wichtig ist, dass sich Empfehler und Interessenten auf Augenhöhe begegnen - und zwar in allen Phasen des Prozesses. Das ist einer der entscheidenden Vorteile im Vergleich zur direkten Ansprache der Interessenten durch den Hersteller des zu empfehlenden Produktes.
Wenn Empfehler und Interessent zusammentreffen, bleiben Sie und Ihr Außendienst im Hintergrund. Der Empfehler macht seinen Empfehlungsjob am besten ohne Ihre Hilfe, authentisch, glaubwürdig und begeisternd. Sie oder Ihr Außendienst sind zwar dabei, wenn Ihr Empfehler Ihr Produkt einem von Ihnen eingeladenen Interessenten empfiehlt. Aber Sie halten sich im Hintergrund, wie ein Verhaltensforscher, sie beeinflussen die Situation nicht, sondern beobachten lediglich und halten die relevanten Informationen fest.
Hat Ihr Empfehler den Interessenten begeistert, so ist Ihre Hauptaufgabe (bzw. die Ihres Außendienstes), mit den „Hot Leads“ einen Follow-up zu vereinbaren. Dran bleiben an den „Hot Leads“, heißt die Devise. Dabei sollten Sie keine Zeit verlieren, denn die Begeisterungskurve der potenziellen Interessenten sinkt rapide. Der Empfehler hat Ihnen quasi den Fisch an die Angel geliefert, Sie müssen ihn jetzt aus dem Wasser ziehen.
Zufälle vermeiden
Begeisterte Kunden sind die besten Verkäufer. Empfehler systematisch aufzubauen und zu nutzen ist jedoch eine Kunst, die hoher Präzision bedarf. Nie darf der Eindruck einer Verkaufsveranstaltung entstehen, sonst verkehrt sich Ihre beabsichtigte Wirkung ins Gegenteil. Selbst Kleinigkeiten lassen den Schuss nach hinten losgehen.
Der Autor dieses Artikels hat ein Konzept zum systematischen Empfehlungsmarketing bei einem mittelständischen Weltmarktführer entwickelt und erfolgreich umgesetzt. Im Ergebnis konnte die Vertriebseffizienz durch dieses Konzept verdoppelt werden. Vor allem aber war das Konzept ein Motivationsschub für den Vertrieb: Es motiviert ungemein, zu erfahren, in welch höchsten Tönen ein begeisterter Kunde vom eigenen Produkt gegenüber potenziellen Interessenten schwärmt. Und welcher Vertriebsmitarbeiter würde nicht gerne seine Arbeit an seine Kunden delegieren? Noch etwas: Es ist faszinierend, durch die Nutzenargumentation seiner Kunden seine eigene Argumentation zu perfektionieren, aus Kundensicht eben!
Eine exakte Prozessbeschreibung inklusive detaillierter Verantwortlichkeiten sowie präzise ausgearbeitete Tools für jede Prozessphase und eine feinfühlige Kommunikation sind entscheidend für den Erfolg eines Konzeptes zum Empfehlungsmarketing. Dabei gilt die Maxime, Zufälle bestmöglich zu vermeiden! Die Prozesshoheit muss zu 100% in Ihrer Hand liegen. Sie sind der Regisseur, aber auf der Bühne nimmt man nicht Sie, sondern nur Ihre perfekt inszenierten Akteure wahr.
Professionelle Hilfestellung, Empfehler systematisch zu gewinnen, die richtigen Interessenten zu identifizieren sowie Empfehler und Interessenten zusammen zu bringen, erhalten Sie vom Autor dieses Artikels,
Bernd Müller.